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Warum Japan-Pressungen unter Audiophilen Fans einen legendären Ruf genießen
Wer sich tiefer mit Vinyl beschäftigt, stolpert irgendwann über ein Phänomen: japanische Pressungen. In Foren, Sammlergruppen und HiFi-Zirkeln wird ihnen ein fast mystischer Status zugesprochen. Aber warum eigentlich? Was macht eine Pressung aus Japan klanglich so besonders? Und was steckt kulturell, technisch und historisch dahinter?
1.
Vinylqualität auf höchstem Niveau
Bereits ab den späten 1960er-Jahren legten japanische Presswerke außergewöhnlichen Wert auf die Rohstoffqualität. Verwendet wurde fast ausschließlich “Virgin Vinyl” – also reines, nicht recyceltes PVC. Dieses Material ist nicht nur langlebiger, sondern auch weniger anfällig für Oberflächenrauschen, das bei vielen europäischen oder US-Pressungen durch Verunreinigungen im Kunststoff entstehen konnte.
Beispiel:
Das Werk Victor Company of Japan (JVC) produzierte ein eigenes Vinylgemisch namens Super Vinyl, das nicht nur dunkler, sondern auch geruchsärmer und besonders geräuscharm war. In Kombination mit exakter Rillenführung ergab das eine geradezu klinische Ruhe in den Leerrillen.
2.
Präzision im Mastering und Cutting
Während westliche Labels in den 70er- und 80er-Jahren oft für hohe Lautheit masterten – getrieben von Radiotauglichkeit und Massenmarkt – verfolgten japanische Toningenieure häufig ein anderes Ziel: maximale Transparenz, saubere Trennung der Instrumente und möglichst wenig Dynamikverlust.
Einige internationale Alben wurden für den japanischen Markt neu gemastert, oft direkt von Kopien der Original-Mastertapes, in manchen Fällen sogar vom Originalband selbst, falls es über das Labelnetzwerk möglich war.
Der Schneideprozess (Lacquer Cutting) war dabei besonders sorgfältig:
- Kaum übersteuerte Pegel
- Sehr symmetrische Rillengeometrie
- Enge Toleranzen beim Schneidekopf
- Häufig mit speziell temperierten Lackfolien durchgeführt
3.
Exzellente Presswerke und Qualitätskontrolle
Bekannte japanische Presswerke wie:
- Toshiba EMI
- CBS/Sony Shizuoka
- JVC Yokohama
- King Records
führten manuelle Sicht- und Hörkontrollen bei nahezu jeder Charge durch.
Off-Center-Cuts, warping oder mislabeling – in Japan fast unbekannt. Auch die Lagerung und Verpackung (häufig in Reiskunststoff-Innenhüllen) war darauf ausgerichtet, die Platten in perfektem Zustand zu halten.
4.
Obi-Strips, Lyric-Inserts und Sammlercharme
Ein weiterer Grund für die Beliebtheit japanischer Pressungen liegt in der Sorgfalt der Verpackung:
- Jeder LP lag ein Insert mit japanischen und oft englischen Songtexten bei
- Die berühmten Obi-Strips (Papierstreifen mit Informationen auf Japanisch) geben zusätzliche Infos zu Preis, Veröffentlichung, Künstler und Katalognummer
- Viele Platten waren ausschließlich in Japan erhältlich, oft mit exklusiven Cover-Varianten (z. B. bei Queen, Led Zeppelin, Miles Davis)
5.
Kulturelle HiFi-Verehrung und Sammlermentalität
In Japan hat HiFi seit den 1960ern einen höchst angesehenen Stellenwert. Viele Käufer besaßen hochwertige Systeme mit präzise justierten Tonarmen und sensiblen Moving-Coil-Tonabnehmern. Die Platten wurden mit größter Sorgfalt behandelt, was erklärt, warum selbst 40 Jahre alte Japan-Pressungen oft nahezu wie neu erhalten sind.
6.
Randphänomen: Japanische Bootlegs und inoffizielle Pressungen
Nicht alles, was aus Japan kommt, ist offiziell – das gilt besonders für:
- “Ever Clean Vinyl”-Bootlegs aus den 70er-/80er-Jahren
- Inoffizielle Jazz- und Rockveröffentlichungen mit falschen Matrixnummern
- Nachgepresste “Live”-Mitschnitte, etwa von Led Zeppelin, Pink Floyd, Miles Davis oder den Rolling Stones
Diese Bootlegs klingen teils hervorragend – sind aber urheberrechtlich problematisch und für Sammler nur unter Vorbehalt interessant.
👉 Erkennbar sind solche Pressungen oft am:
- Fehlen eines Obi-Strips
- Ungewöhnlichen Labeldesigns (z. B. „Jazz Supreme“)
- Matrix-Angaben ohne Katalogbezug
7.
Preisgestaltung und Sammlerwert
Japan-Pressungen sind oft teurer, aber das hat Gründe:
- Technisch besser
- Meist in hervorragendem Zustand
- Kultige Ausstattung (Obi, Inserts)
- Teilweise exklusive Pressungen mit speziellem Mastering
Top-Titel (z. B. Steely Dan – Aja, Miles Davis – Kind of Blue, Pink Floyd – The Wall) erzielen auf dem Sammlermarkt regelmäßig hohe Preise – vor allem mit vollständigem Obi und ohne Haarkratzer.
Fazit:
Japan-Pressungen vereinen Technik, Kultur und Sorgfalt auf beeindruckende Weise. Wer sich für Klangtreue, Stille in den Leerrillen und eine emotionale Nähe zum Medium interessiert, kommt an diesen Pressungen kaum vorbei.
💬 Tipp: Hör dir mal Dire Straits – Love over Gold oder Weather Report – Heavy Weather als Japan-Pressung an. Du wirst erstaunt sein, was da klanglich passiert.
Wolltet ihr schon immer wissen wie eine Schallplatte entsteht? oder von der Musik zur Rille – Der Weg einer echten Schallplatte
Von der Musik zur Rille – Der Weg einer echten Schallplatte
Eine Schallplatte ist mehr als nur ein Musikträger. Sie ist das Ergebnis aus Inspiration, Handwerk, Technik – und vielen Entscheidungen, die den Unterschied machen. Wer einmal erlebt hat, was eine großartig produzierte Pressung leisten kann, weiß: Vinyl ist eine eigene Welt. Hier zeigen wir dir, wie sie entsteht.
1. Die Aufnahme – Musik wird geboren
Am Anfang steht die Magie des Moments: Musiker*innen im Studio, der erste Take, vielleicht ein ganzes Ensemble live auf Band. Ob analog oder digital aufgenommen – was zählt, ist Authentizität. Schon hier entscheidet sich, ob eine Aufnahme später auf Vinyl lebt – oder nur klingt.
2. Das Mixing – alles hängt davon ab
Gutes Mixing ist kein technischer Vorgang, sondern Kunst. Wer hier arbeitet, braucht nicht nur ein geschultes Ohr, sondern auch eine klare Vision.
Denn: Was beim Mixing überbetont oder vernachlässigt wird, kann auf Vinyl Probleme machen. Zu viel Bass in der Stereobreite? Zu viel Kompression? Dann leidet später die Rille – oder der Klang. Deshalb ist es entscheidend, dass das Mixing Vinyl-tauglich gedacht ist. Und dass sich alle Beteiligten – Musiker, Mixer, Mastering Engineer – austauschen.
3. Mastering – Feinarbeit für den Klangkörper
Beim Mastering wird der Sound endgültig geformt. Hier zeigt sich, ob die Musik wirklich atmen darf. Die Dynamik, die Staffelung, das Zusammenspiel der Frequenzen – alles wird hier feinjustiert. Besonders für Vinyl ist das eine Herausforderung: Platten können nicht einfach wie digitale Files gemastert werden. Sie brauchen Raum, Reserven, Balance. Wer hier nicht sorgfältig arbeitet, riskiert Verzerrungen, schlechte Schneidbarkeit oder einfach flachen Klang.
4. Der Cutting-Prozess – Musik wird Rille
Der wohl sensibelste Moment: Das Schneiden der Lackfolie. Ein Schneidkopf ritzt das Musiksignal in eine weiche Lackoberfläche – Rille für Rille, in einem einzigen Durchgang.
Was hier passiert, ist endgültig. Kein Undo.
Wer hier schneidet, trägt Verantwortung für den ganzen Prozess davor – und muss ihn verstehen. Deshalb machen erfahrene Studios wie die Emil Berliner Studios (Berlin) oder Sterling Sound (NYC) oft den Unterschied: Sie wissen, wie man Musik „lesen“ muss, bevor sie geschnitten wird.
5. Galvanik – Der technische Umweg zur Serie
Die Lackfolie ist empfindlich. Deshalb wird sie versilbert und galvanisch mit Nickel beschichtet – es entsteht ein Negativ, der sogenannte „Vater“.
Vom Vater wird ein Positiv gezogen: die „Mutter“, auf der die Rillen wieder sichtbar sind.
Und von der Mutter wird dann der „Stamper“ hergestellt – ein negatives Abbild der Musik, das später in der Presse die Vinylmasse formt.
Jeder dieser Schritte birgt Risiko: Mikrorisse, Oberflächenfehler, schlechte Trennung – Fehler hier bedeuten Ausschuss. Oder schlimmer: schlechte Klangqualität auf hunderten Platten.
6. Das Presswerk – Hitze, Druck, Präzision
Der Stamper kommt in die Presse, die Labels werden eingelegt, ein Vinyl-Puck dazwischen – und bei ca. 150 °C wird alles unter Hochdruck zur Platte gepresst. Danach kühlt sie ab, wird entgratet, geprüft – und verpackt.
Klingt einfach? Ist es nicht. Die Qualität der Presse, das Granulat, die Temperatur, das Timing – alles beeinflusst die Rille. Und jedes Presswerk hat seinen eigenen Sound-Fingerabdruck.
7. Und dann: Musik, die man berühren kann
Was du jetzt in den Händen hältst, ist keine Kopie – es ist eine Skulptur aus Klang.
Ein kleines mechanisches Wunderwerk, entstanden aus tausend Entscheidungen.
Wenn du die Nadel aufsetzt, hörst du nicht nur Musik –
du hörst den gesamten Weg dorthin.